Sonntag, 2. Dezember 2012

Review: Anthony (Savoy/Intergroove)



 

Wer sich öfter mal durch die Tiefen diverser Review-Seiten wühlt – immer begierig auf der Suche nach einem unbekannten Trash-Feuerwerk für den nächsten Filmabend – wird sicherlich schon mal über Anthony gestolpert sein und das wahrscheinlich im Zusammenhang mit glibbrigen Monstern, Splatter und schleimigen Effekten. Derartige Erwartungen lassen natürlich den Fan des gediegenen Trash-Films aufhorchen und leiten die Suche nach einem Exemplar für die hauseigene Sammlung ein. Im Fall von Anthony ein nicht sehr leichtes Unterfangen, lag der Film doch bei uns – und auch weltweit – nur in einer abgenudelten VHS-Fassung vor. Wer also bei nächtlichen Raubzügen durch alte Videotheken-Bestände oder ebay nicht fündig wurde, musste schmachten und sich derweil mit ähnlich gelagerten Krachern wie z.B. Creepozoids oder Creep Zone unterhalten. Doch 2011 hatte das Warten ein Ende und ausgerechnet in Deutschland erschien The Kindred – so der Original-Titel – bei Savoy Film. So kann man sich Anthony erstmals in digitaler Form ins Regal stellen, doch leider erfüllt diese Edition bei weitem nicht den Wunsch nach einer adäquaten Heimkino-Veröffentlichung – doch dazu später mehr.

Während der Film hierzulande durch die deutsche Titelgebung zwei Nachfolger spendiert bekam, ist Anthony tatsächlich Teil einer ganzen Reihe von Horror-Filmen, die das Regie-Duo Stephen Carpenter und Jeffrey Obrow in den 70ern und 80ern fabrizierte. Inhaltlich hat der Film jedoch nichts mit beispielsweise Carpenters und Obrows The dorm that dripped blood zu tun. Die Story ist – so wie man es sich für den Trash-Abend erwartet – simpel gehalten und erinnert an die oben genannten Machwerke. Mütterchen Amanda kann das Experimentieren auch nach dem offiziellen Ende ihrer Karriere als Wissenschaftlerin nicht lassen und – jetzt kommt der erste Brüller – richtet mit einem Stoff, der eigentlich nur bei Meereswesen vorkommt, eine üble Sauerei an. Fortan wird ihr Landhaus von einem schleimigen Mutanten bevölkert. Nach Mutters – unnatürlichen – Tod muss der Sohnemann, seines Zeichens ebenfalls Forscher, die Sache in Ordnung bringen. Dummerweise hat da auch ein Wissenschafts-Kollege mit Aussicht auf den Nobel-Preis ein Wörtchen mitzureden – und dieser Kollege wird von niemand geringerem als Rod Steiger gespielt!

Durchaus erstaunlich, dass sich in Anthony einige schauspielerische Hochkaräter verstecken. Neben Steiger – immerhin ein Weggefährte Sergio Leones (Todesmelodie) – auch Kim Hunter, u.a. bekannt als Dr. Zira aus den Planet der Affen-Filmen. Doch auch sie können nicht verhindern, dass das Machwerk unvermeidbar immer tiefer im Trash-Sumpf versinkt – und das ist auch gut so, ein Grund mehr für uns, freudig in die Hände zu klatschen. Nach kurzem Vorgeplänkel geht es direkt ab in ein unterirdisches Verlies, wo allerhand entstellte Mutationen ihr Dasein fristen. Wurde somit klargestellt, dass der von Steiger gespielte Weißkittel nichts Gute im Schilde führt, geht es in Amandas Landhaus munter weiter. Ab jetzt wechseln sich – durchaus straff inszeniert – ruhigere Passagen mit den erhofften Ekel-Momenten ab. Den Auftakt bietet eine echt fiese Szene in der – an eine ähnliche Stelle aus Nightmare On Elm Street 5 erinnernd – während einer Autofahrt eine Fau von Tentakeln attackiert wird, die unter ihre Haut eindringen.

Ein wenig später dann tauchen die ersten großen Gummi-Monster auf, die gegen die Effekte von John Carpenters Das Ding aus einer anderen Welt ganz schön abstinken, doch dem Trash-Fan den gnädigen Daumen nach oben entlocken werden. Ganz am Schluss dreht der Film dann so richtig auf und es wird einem eklige Effekt-Orgie um die Ohren gehauen, dass es eine Freude ist. Genau das sollte man von jedem Film dieser Couleur erwarten dürften. Anthony ist ein rundum solides Stück Zelluloid, das im übrigen mit einem nicht übermäßig talentiertem aber angemessen Cast glänzt.

Dumm nur, dass man auf der DVD von Savoy von den darstellerischen Leistungen, vor allem aber von den Effekten, besonders in den dunklen Szenen – und das sind viele – nur bedingt etwas mitbekommt. Der Film wurde nämlich für die digitale Fassung nicht etwa von einem hochwertigen Master abgetastet sondern – so scheint es zumindest für den Laien ohne Kenntnis der Materiallage – von einem Video-Band gezogen. Das ist natürlich unerfreulich, denn so erwirbt man hier praktisch eine VHS in DVD-Form. Und selbst für VHS-Verhältnisse ist das Bild er bescheiden, wie man angesichts der hier gezeigten Screenshots wohl gut erkennen kann. Extreme Detailarmut, Nachzieheffekte, verwaschene Farben – hier hakt es wirklich an allen Ecken und Kanten. In dunklen Szenen geht dann das Bild mehr oder weniger komplett flöten. Der erste Film des Regie-Gespanns The dorm that dripped blood ist übrigens in den USA bereits als Blu-ray erhältlich. Ob dies jemals mit Anthony geschehen wird, darf bezweifelt werden – zumindest eine ordentliche DVD-Fassung wäre aber wünschenswert gewesen.
Zwei Pluspunkte hat die Scheibe aber: Erstmal hat man sich beim Cover für das Motiv entschieden, das auch schon die deutsche DVD zierte. Zudem kann man dank Wendecover das hässliche FSK-Sticker verstecken. Zweitens - und das dürfte für viele wohl der ausschlaggebende Grund für die DVD – hat man den englischen Original-Ton mit auf die DVD gepackt. Erfreulicherweise machen sowohl die englische als auch die deutsche Tonspur ganz im Gegensatz zum Bild eine sehr solide Figur, will heißen: beide bieten ein klares Tonbild, die die Dialoge sind gut verständlich.
Dass außer ein paar Trailern keine Extras auf der DVD sind, dürfte wohl niemanden verwundern.

Von daher kann man diese Veröffentlichung nur sehr eingeschränkt empfehlen. Schade, denn Anthony lässt das Herz des Trash-Fans höher schlagen und ist daher absolut empfehlenswert.


Sonntag, 28. Oktober 2012

Review: Hexen bis aufs Blut gequält (NSM/Turbine Medien)

 

Harmonische Musik, die Berge, blühende Landschaften – in Hexen bis aufs Blut gequält zeigt sich Österreich von seiner schönsten Seite. Allerdings befinden wir uns hier nicht im Heimatfilm, sondern in einem überaus kontroversen und brutalen Horror-Film deutscher Herkunft, der auch nach rund 40 Jahren noch zu schockieren vermag und bei dem es schwer fallen kann, eine komfortable Distanz zum Geschehen einzunehmen. Entstanden Ende der 60er unter der Co-Regie des ehemaligen Heimatfilm-Darstellers Adrian Hoven und dem Briten Michel Armstrong, besetzt mit hochkarätigen Stars und von Michael Holm mit einem wunderschönen Score ausgestattet, ist Hexen bis aufs Blut gequält ein Stück deutscher Filmgeschichte und Zeugnis der grausamen Hexenverbrennungen in ganz Europa während des 17. Jahrhunderts.



Leicht verdaulich ist Mark Of The Devil – so der englische Titel – ganz und gar nicht. Gleich zu Anfang werden wir Zeuge, wie eine Gruppe unbescholtener Nonnen von einem sadistischen Hexenjäger und seinen Schergen überfallen, vergewaltigt und ermordet wird (bis auf diejenigen, die viel später noch ein viel schrecklicheres Schicksal erwartet). Ein Mönch wird grausam verstümmelt, geteert und gefedert und anschließend von der Meute gehetzt, zwei Frauen bei lebendigem Leibe verbrannt. Und das ist erst der Vorgeschmack auf die in den folgenden 90 Minuten dargebotenen Grausamkeiten. Dabei gelingt es dem Film perfekt, den blanken Hass auf die Hexenjäger zu lenken und damit den Hass auf ein krankes System, dass sich aus gar nicht christlichen Gründen zum Scharfrichter der Bevölkerung aufgeschwungen hat.



Am prägnantesten wird dieses System von Reggie Nalder verkörpert (dem wohl auch sein vernarbtes, charakteristisches Gesicht u.a. zur Zusammenarbeit mit Alfred Hitchcock und später zur Rolle des Nosferatu in Salem's Lot verholfen hat). Er spielt den Hexenjäger im Kleinen, der einzig und allein aus perverser Lust und Machtwünschen denunziert und mordet. Nur nach wenigen Sekunden wird man als Zuschauer Abscheu vor diesem Charakter empfinden, so glaubwürdig spielt Nalder. Gekonnt wird sein Part mit dem Herbert Loms kontrastiert. Dieser brilliert in der Rolle des adligen Ober-Inquisitors, der mit den Vollmachten des Königs handelt. Wird dieser zunächst als halbwegs ehrenhafte Person dargestellt, beginnt dieses Bild allmählich zu bröckeln: Nicht nur liebt er offensichtlich die Grausamkeit genauso wie seine Untertanen, er hat insgeheim auch ähnliche, triebhafte Gründe für sein Handeln. Ihm zur Seite steht als Scharfrichter Herbert Fux, der hier so lässig spielt, dass es eine wahre Wonne ist. Bei all den Folterungen bringt die Figur eine Coolness rüber, die bemerkenswert ist.



Zunächst noch auf ihrer und dann auf der Gegenseite steht der junge Udo Kier, der vielleicht ein bisschen blass bleibt, aber natürlich trotzdem das Herz eines jeden Liebhabers des Euro-Kults höher schlagen lassen dürfte. Anfangs noch ein treuer Anhänger des Hexenjägers, verwandelt ihn die Liebe zu einem seiner ärgsten Feinde. Wenn dann Udo mit seiner Geliebten im Gebirgsbach turtelt – ach, das hat was von Heimatfilmromantik! Dumm nur, dass für Romanzen nur wenig Zeit bleibt, werden diese doch sofort durch extreme Folter-Exzesse unterbrochen. Und die haben es wie eingangs erwähnt auch wirklich in sich, sodass es nicht unbedingt verwunderlich ist, dass er Film vor ein paar Jahren die altehrwürdigen Reihen der 131er – beschlagnahmt wegen Gewaltverherrlichung – aufgenommen wurde. Hierzu vielleicht noch ein paar Worte. Hexen bis aufs Blut gequält wird vielleicht die Anhänger des zeitgenössischen Torture Porn nur müde lächeln lassen, hat mich in diesem Punkt jedoch hart getroffen. Die Szene mit einer Folterapparatur und der Zunge von Nebendarstellerin Gaby Fuchs (Nacht der Vampire) nimmt diverse Splatter-Exzesse der Folgejahre schon vorweg. Vielleicht wirken diese Szenen aber auch deshalb so besonders grausam, weil sowohl die behandelten Fälle als auch die gezeigten Foltermethoden authentisch und historisch verbürgt sind. Ein unbeschwertes Filmvergnügen war der Film für mich daher auch keineswegs, auch wenn er wohl hauptsächlich aus kommerziellem Interesse gedreht wurde.




Zur DVD/Blu-Ray

Turbine Medien haben mit ihrer Edition dieses Klassikers eine absolute Vorzeige-Fassung zusammengestellt, die selbst so manchen internationalen Mitbewerber alt aussehen lassen dürfte. In einem edlen Schuber steckt ein hübsches Digi-Pack, das stilvoll mit diversen Film-Motiven geschmückt wurde. Die Discs selbst sind ebenfalls ansprechend gestaltet. Es sind insgesamt drei an der Zahl: Der Hauptfilm jeweils als DVD und Blu-ray, plus eine DVD mit Zusatzmaterial. Ein Hinweis: Alle hier gezeigten Screenshots stammen von der DVD!


Bild & Ton

Wenn man Blu-ray einlegt, wird man zunächst von einem erstklassig gestalteten Menü begrüßt. Klickt man dann auf Play, ist man die ersten Minuten wenig begeistert, wurde die Anfangssequenz von Hexen bis aufs Blut gequält doch mit Filtern aufgenommen. Dann aber klappt einem fast die Kinnlade runter. So schön haben 40 Jahre alte Genre-Filme selten auf einem digitalen Medium ausgesehen. Die Blu-ray beeindruckt durch wunderschöne Farben, beeindruckende Detailschärfe und scheint völlig frei von jeglicher unnötiger digitaler Bearbeitung. Für den Laien dürfte hier kaum Grund zum Mäkeln bestehen, dieses Bild wird mit ziemlicher Sicherheit auch die nächsten Jahre noch die absolute Referenz darstellen. Auch die DVD zeichnet ein – angesichts der natürlichen Begrenztheit dieses Mediums – ein sehr zufriedenstellendes Bild.
Bzgl. des Tons will ich mir als Laie nur einige knappe Bemerkungen erlauben: Dieser liegt sowohl auf Deutsch als auch Englisch vor, wobei z.B. Herbert Lom sich für die deutsche Fassung selbst synchronisiert hat, Udo Kier hingegen auf der deutschen Tonspur nicht zu hören ist. Auf der Blu-ray hat man jeweils die Wahl zwischen 5.1 DTS-HD Master Audio und 2.0 Mono, auf DVD zwischen 2.0 und 5.1 Dolby Digital. Die 5.1 Tonspuren klingen natürlich etwas kraftvoller als die – wohl authentischeren – Mono-Spuren. Beide deutsche Varianten haben ein leichtes Rauschen, das den Filmgenuss jedoch nicht weiter stören dürfte.




Extras

Zunächst sei angemerkt, dass Turbine alle essentiellen Extras der nun schon einige Jahre alten Blue Underground-DVD aus den USA übernommen hat. Diese Extras liegen – mit Ausnahme des Audiokommentars von Regisseur Michael Armstrong – allesamt in SD auf der Bonus-Disc vor. Es handelt sich um vier exzellente Interviews mit den Darstellern Herbert Fux, Udo Kier, Ingeborg Schönher und Gaby Fuchs, wobei die beiden ersteren auf Deutsch geführt wurden. Alle Gesprächspartner sind bestens aufgelegt und plaudern munter aus dem Nähkästchen, nur „unser“ Udo ist natürlich mal wieder ein Sonderfall. Fans werden das kurze Interview mit ihm jedenfalls lieben. Die Schauspieler nehmen auch Stellung zur der Rolle des Engländers Michael Armstrong, der bei einem großen Teil des Films auf dem Regie-Stuhl saß, dann aber wohl aus Zeitgründen von Adrian Hoven ausgebootet wurde. Wer sich mit diesem Konflikt näher auseinandersetzen will, kann dies mit dem Audiokommentar von Armstrong tun, in dem dieser so manch haarsträubendes über die Produktions-Umstände erzählt. So soll der Film ursprünglich als wilder Genre-Mix unter dem Titel Hexenjäger Dr. Dracula geplant gewesen sein.



Eine ganz andere Geschichte erzählt da freilich der zweite Audiokommentar, für den Turbine offensichtlich keine Kosten und Mühen gescheucht haben und gleich mehrere wichtige Personen aus Cast und Crew versammelt haben. Am meisten zu erzählen hat aber Produzent Dieter Menz, der trotz seines hohen Alters noch eine unglaubliche Vitalität vorweist und als Gründer der Atlas International natürlich ein absoluter Experte auf seinem Gebiet ist. Bei so viel geballtem Wissen stört auch das Rumgezicke von Udo kaum, der mal wieder die Drama-Queen gibt. Diesen Kommentar kann man sich auf der Blu-ray auch als Videokommentar ansehen, er überdeckt dann einen kleinen Teil des Bildes. Außerdem gibt es hier noch eine interessante Vorstellung aller Mitwirkenden zu sehen. Prädikat besonders wertvoll.
Doch damit hat Turbine sich nicht zufrieden gegeben: Neben einer Bildergalerie, einem Musik-Video und diversen Outtakes (in HD) hat man Percy Hoven und Michael Maien interviewt, die beide kleine Rollen in dem Film haben. Percy ist auch der Sohn von Regisseur Adrian Hoven, der sehr persönlich allerhand interessantes über seinen Vater zu berichten weiß. Michael Maien wiederum hat u.a. mit Oswalt Kolle zusammengearbeitet und gibt auch über diese Zusammenarbeit gerne Auskunft. Somit sind diese Interviews auch über Hexen bis aufs Blut gequält hinaus interessant, geben sie doch Einblick in ein Stück deutsche Filmgeschichte. Beide Interviews wurden übrigens in HD gedreht, die Qualität ist also – obwohl sie auf der Bonus-DVD in SD kodiert vorliegen – sehr gut.

Fazit

Hexen bis aufs Blut gequält ist ein exzellenter deutscher Genre-Film. Die Veröffentlichung aus dem Hause Turbine wird dem gerecht und präsentiert diesen Film in einer bis dato nie gesehen Qualität. Uneingeschränkt empfehlenswert.

Freitag, 12. Oktober 2012

Review: Conquest (Mediabook 84 Entertainment)


Mit Conquest legte Lucio Fulci 1983 den vielleicht ungewöhnlichsten Beitrag zum Barbaren-Film-Genre der 80er Jahre vor. Die italienisch-spanisch-mexikanische Koproduktion unterscheidet sich in hohem Maße von ähnlichen Vertretern wie Gunan – König der Barbaren, Throne Of Fire oder auch Thor – Der unbesiegbare Barbar. Zwar handelt es sich auch hierbei um unterhaltsame Werke, Conquest sticht dennoch aus dieser ganzen Reihe extrem billiger Filme heraus. 

In den Hauptrollen brilliert hier auch nicht Peter McCoy oder Miles O'Keefe (als Ator in die Annalen des italienisch Trash-Films eingegangen), sondern gleich zwei Mimen, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Das ist zum einem der dünn gebaute und etwas blässliche Andrea Occhipinti als Ilias, den die meisten von uns aus New York Ripper oder auch Lamberto Bavas leidlich unterhaltsamen A Blade In The Dark kennen dürften. Ihm zur Seite steht der braun gebrannt und muskulöse Jorge Rivero als Mace, der anders als sein Begleiter ganz die Rolle des primitiven, aber ehrlichen Barbars – also des noble savage – übernimmt. So simpel diese Kontrastierung ist, so effektiv ist sie für den Film, in dessen Zentrum die enge Verbindung von Ilias und Mace steht. 




Gemeinsam geht es durch eine traumhafte Landschaft, die sich von Stränden, Steilküsten und kargen Steppen bis zu nebelverhangenen Sümpfen erstreckt. Die Story ist eher nebensächlich: Der edle Ilias aus einem fremden Land will die böse Zauberin Ocron töten, aber Mace versucht, ihn zur Vernunft bringen. Nach vielen Abenteuern packen sie schließlich doch die Sache gemeinsam an. Verkörpert wird Ocron dabei von der schönen Sabrina Siani, die damals in fast allen wichtigen Barbaren-Filmen aus Italien mitwirkte. Komplett nackt und nur mit einer goldenen Maske und einem ebenso goldenen Höschen bekleidet wirkt sie dabei ähnlich surreal wie die urzeitlich anmutende Landschaft (die in der Realität laut imdb übrigens auf Sardinien, laut anderslautender Quellen in Mexiko zu finden ist). Nebel und Filter versperren dem Zuschauer in einigen Szenen fast schon komplett die Sicht, in anderen wiederum sind Fulci wunderschöne Aufnahmen gelungen. 

Vielleicht zu den besten Szenen des Films gehört eine Sequenz, in der Mace ohne Ilias einen düsteren Sumpf durchqueren muss. Erinnerungen an Fulcis Zombie-Filme werden dann wach und schließlich steigen die verwesten Untoten tatsächlich aus ihrem nassen Grab. Der Fulci-Fan klatscht sich vor Freude in die Hände, wenn der muskelbepackte Held die Leiber der wandelnden Leichen pfählt und es zu den typischen Splatter-Effekten kommt. Diese werden natürlich in altbekannter Manier ausgebreitet, wo es nur geht. Bezeichnend ist eine Stelle des Films, in der ein Monster von einem Pfeil getroffen wird und das Blut in völlig unrealistischen Massen und dazu noch laut plätschernd und in Zeitlupe aus der Wunde fließt. 

Leider gibt es neben diesen – manchmal aufgesetzt wirkenden, aber effektiven Szenen – einige Ungereimtheiten in Ocrons Welt. Dazu gehören billige Masken, sehr schlechte Special Effects und holprige Momente, die die dichte Atmosphäre leicht trüben. Auch merkt man dem Film jederzeit an, dass das Budget minimal war, ich sehe hier jedoch nicht unbedingt einen großen Fehler drin. Während in anderen Produktionen ähnlicher Couleur versuchte wurde, durch billige Hütten und Kulissen die amerikanischen Vorbilder wie natürlich Conan nachzuahmen, verzichtet Conquest komplett auf derartigen Firlefanz. Das tut dem Film gut und gibt ihm eine angenehm minimalistische Note. 

Untermalt wird dies alles von Synthesizer-Musik von Goblin-Kopf Claudio Simonetti, der in einem Interview mit der Deadline mal gesagt hat, dass er seinen Soundtrack zu Conquest nicht sonderlich mag (und zwischen Fulci und ihm zu diesem Film keine Zusammenarbeit stattgefunden hat). In der Tat hat Simonetti vor und nach Conquest bessere Musik geschrieben, dennoch trägt sie viel zum ganz eigenen Charme des Films bei. Einige melodische, fröhliche Stücke bilden einen harschen Kontrast zu der grimmigen Horror-Welt, die Fulci erschaffen hat.  

Zur DVD  

84 Entertainment hat Conquest erstmals offiziell in deutscher Sprache auf DVD veröffentlicht und zwar in einem edlen Mediabook mit Lederfolie. Diese Edition sieht richtig schick aus und kommt zudem mit einem ansprechenden Poster. Das Innenleben des Mediabooks überzeugt mich leider nicht restlos, trotz insgesamt zwei DVDs und einer CD. Die Informationen im Heftteil bleiben recht oberflächlich und verraten wenig über den Entstehungsprozess des Filmes oder dessen Hintergründe. Das Essay findet sich übrigens nochmal in digitaler Form auf der ersten DVD.



Bild & Ton 

Für das Bild der DVD hat man sich das Master direkt vom Lizenzgeber geholt, sodass es hier offensichtlich kaum Unterschiede zur schon etliche Jahre alten Edition von Blue Underground gibt. Insgesamt ist das Bild natürlich wegen der eingesetzten Stilmittel sehr milchig und trüb. Wer den Film bisher aber nur von VHS kennt, wird dieser Transfer dennoch wie eine Offenbarung vorkommen. Endlich kann man nun sehen, was mit Ilias am Ende in der dunklen Höhle geschieht und einige Szenen bei Tageslicht sehen recht ansehnlich aus. Die Kompression macht sich gerade bei den sehr nebligen Stellen bemerkbar, insgesamt ist das Bild jedoch ruhig. Hier haben 84 Entertainment nicht geschludert und eine authentische Präsentation dieses nun fast 30 Jahre alten Films auf DVD gepresst. Drei Tonspuren sind enthalten: Deutsch, Italienisch und Englisch, letztere aus lizenzrechtlichen Gründen nur mit Zwangsuntertiteln. Interessanterweise unterscheidet sich die italienische Fassung von den anderen beiden deutlich – beispielsweise sind einige Soundeffekte komplett anders und Ocron ist bei ihrem ersten Auftreten stumm. Insgesamt ist die Sound-Qualität zufriedenstellend und es ist löblich, dass 84 Entertainment hier insgesamt drei Tonspuren draufgepackt hat. 



Extras 

Bei den Extras hat man sich sichtlich Mühe gegeben, auch wenn man die Kür verpasst hat. Herzstück ist der Audiokommentar von Dr. Marcus Stiglegger undr Ivo Ritzer, in dem die beiden Wissenschaftler den Film akribisch analysieren, leider aber sehr wenig über die Darsteller, die Produktionshintergründe und den Entstehungsprozess des Films berichten. Gerade da hätte ich mir mehr Informationen gewünscht, sind diese doch recht rar gesät. Dennoch lohnt es sich, den beiden sympathischen Herren zuzuhören. Abgerundet wird dieses Paket von zwei Bildergalerien und Trailern (von denen besonders der internationale Trailer interessant ist). Insgesamt ein – für eine exklusive Mediabook Edition – recht knappes Paket, das aber dennoch so international die beste Version von Fulcis Conquest darstellt. Sehr gelungen ist hingegen übrigens die animierte Menü-Gestaltung. Mit gemischten Gefühlen kann man die zweite DVD und den Soundtrack auf CD betrachten. Auf ersterer findet sich der Hauptfilm nochmal, nur dass hier für Kinorollen typische Verschmutzungen eingefügt wurde. Ob man das braucht, muss jeder selbst entscheiden. Der Soundtrack ist natürlich an sich eine feine Sache – doch hier wird bei dem ein oder anderen die Enttäuschung groß sein: Einige der bekanntesten und besten Stücke aus Film fehlen! Ich vermute, dass dies nicht die Schuld von 84 Entertainment ist, sondern diese Stücke nie auf dem offiziellen Soundtrack enthalten waren. Trotzdem ein Wermutstropfen!


 Fazit 

Es ist gut vorstellbar, dass selbst Fans des italienischen Trash-Films mit Conquest ihre Probleme haben werden. Der Film ist billig und stellenweise unausgegoren, keine Frage. Dennoch macht sich die für Fulci typische dichte Atmosphäre auch hier breit. 84 Entertainment werden die Fans mit ihrer Edition zufrieden stellen, auch wenn hier noch Spielraum nach oben ist. Empfehlenswert.

Mittwoch, 10. Oktober 2012

Frankenstein muss sterben (Frankenstein must be destroyed)


Rund 12 Jahre nach seinem ersten Auftritt als wahnsinniger Wissenschaftler in The Curse of Frankenstein spielte Peter Cushing den Baron von Frankenstein 1969 in Frankenstein must be destroyed. Weder war dies also sein erster, noch sein letzter Auftritt in seiner wohl wichtigsten Parade-Rolle neben seiner Verkörperung des Vampir-Jägers Van Helsing. Dennoch sticht Cushings Darstellung in dieser Hammer-Produktion besonders hervor und überhaupt hat man den englischen Gentleman selten in einer derart sinisteren Rolle gesehen. Durch und durch verkörpert er hier das kühle, berechnende Böse.
PhotobucketPhotobucketPhotobucket

Bereits in den ersten Filmminuten enthauptet er einen nichtsahnenden Passanten und entledigt sich kurz darauf der Leichenteile. Baron von Frankenstein wird von Cushing ganz pragmatisch verkörpert: Der von der Wissenschaft geächtete und von der Justiz gejagte Frankenstein trägt nur oberflächlich eine höfliche Art zur Schau, zögert jedoch keine Sekunde, sich die Hände schmutzig zu machen. Er nistet sich bei einer jungen Frau ein und nutzt die erste sich bietende Gelegenheit, um sie und ihren Verlobten zu erpressen. Es handelt sich um das Pärchen Karl und Anna, das – um den Krankenhausaufenthalt von Annas Mutter zu bezahlen! – illegalen Drogenhandel betreibt. Der junge Psychiater Karl wird dabei von Simon Ward dargestellt, der hier sein Spielfilm-Debüt gab und im Anschluss mit Richard Attenborough in Der junge Löwe zusammenarbeiten sollte. An seiner Seite die Sex-Bombe Veronica Carlson, die in diesem Zeitraum noch in weiteren Hammer-Filmen mitwirkte.
PhotobucketPhotobucketPhotobucket

Beide sehen sich den Attacken des Barons schutzlos ausgeliefert und dies ist vielleicht das wichtigste Motiv in Frankenstein muss sterben, dem sich die eigentliche Frankenstein-Thematik unterordnet: das unschuldige Paar, dessen Existenz von außen Schritt für Schritt zerstört wird. Im konkreten Fall benutzt Frankenstein seine Opfer, um an das Gehirn eines verrückt gewordenen Kollegen – Doktor Brandt – heranzukommen. Sein Ziel: Das Wissen zu konservieren und für seine eigenen Experimente zu benutzen. Auf dem Weg dorthin diskreditiert er den jungen Karl beruflich und macht ihm zum Mörder. Anna wird von Frankenstein terrorisiert und schließlich brutal vergewaltigt.
PhotobucketPhotobucketPhotobucket

Es ist besonders diese Szene, an der sich Cushings Darstellung des Frankensteins in diesem Film exemplarisch festmachen lässt. Auf der einen Seite spielt er das verkannte Genie, das für seine Errungenschaften bis zum Äußerten geht. Dies ist ein Aspekt der Figur, wie sie wohl in den meisten Interpretationen – sei es in Literatur oder Film – zu tragen kommt. Das besondere an Cushings Frankenstein ist jedoch, dass dieser auch seiner Triebnatur freien Lauf lässt, die im harschen Kontrast zum kühlen Wissenschaftler steht. Es ist dieser Kontrast, der Frankenstein muss sterben zu einem besonderen Filmerlebnis macht.
PhotobucketPhotobucketPhotobucket

Ebenso wie Peter Cushing interessante neue Aspekte der Frankenstein-Figur zu Tage fördert, gelingt dies Freddie Jones – wenn auch nicht in diesem Ausmaß – in der Rolle des Monster. Bereits in dieser Bezeichnung, liegt aber schon der Fehler, da von einer monströsen Darstellung gar nicht die Rede sein kann. Die Figur unterscheidet sich in einigen besonders offensichtlichen Eigenschaften von seinen Vor- und Nachgängern. Zunächst geht es bei der ihrer Erschaffung gar nicht darum, Tote wiederzuerwecken – hierin hat Frankenstein offensichtlich bereits einige Übung. Es geht um die Konservierung eines außergewöhnlichen Intellektes, wozu der der verstorbene Doktor Brandt mittels einer Gehirntransplantation in einem neuen Körper wiederbelebt werden muss.

Der so wieder Auferstandene zeichnet sich weder durch die in anderen Darstellungen üblichen Entstellungen aus, noch verfällt er in sinnlose Raserei. Ganz im Gegenteil bewahrt er Besonnenheit und benutzt seine Intelligenz, um sich an Frankenstein zu rächen. Natürlich ist dies alles nicht ganz durchdacht – warum beispielsweise wird der verrückte Professor im neuen Körper wieder geistig gesund? – bietet aber dennoch einen interessanten Ausgangspunkt für das Ende des Films, das sich ganz klassisch in einem brennenden Gebäude entfaltet.

Die DVD von Warner

Während sich besonders Koch Media und Anolis in den letzten Jahren um die Hammer-Filme hier in Deutschland bemüht hat, wurde Frankenstein muss sterben vor nun fast zehn Jahren von Warner auf DVD veröffentlicht. Gerade im Hinblick auf das Alter der DVD ist die Qualität sehr gut: Sowohl Farbe als auch Bildschärfe hinterlassen hochskaliert auf einem großen Flachbildfernseher einen guten Eindruck. Größere digitale Manipulationen oder Probleme mit der Kompression sucht man hier ebenso vergebens, sodass diese betagte Fassung immer noch sehr gute Dienste leistet. Beim Ton fällt auf, dass auf der englischen Tonspur die Musik weitaus kräftiger abgemischt wurde, dafür aber auch durchgehend ein deutlich hörbares Rauschen herrscht. Sowohl der deutsche als auch der englische Original-Ton bieten jedoch – zumindest für meine laienhafte Ohren – keinen Grund zur Beanstandung. Bis auf einen Trailer bietet die Veröffentlichung keine Extras.

Trotzdem eine empfehlenswerte Edition, die auch heute noch eine gute Figur macht. Man darf gespannt sein, ob man uns diesen Film irgendwann auf Blu-ray kredenzt. Wert wäre er es allemal. Er mag nicht zu den großen Meisterwerken aus dem Hause Hammer gehören, überzeugt jedoch besonders durch die Darstellungen von Peter Cushing und Freddie Jones. Das der Film zu dem durch atmosphärische Sets den Zuschauer in seinen Bann zieht, muss bei einer Hammer-Produktion wohl kaum erwähnt werden. Unbedingt empfehlenswert.